Fielmann in Tschechien: Die Zukunft klar im Blick
Als Günther Fielmann am 21. September 1972 sein erstes Geschäft in Cuxhaven eröffnet, beginnt eine neue Etappe für die Brillenbranche. Zu einer Zeit, als Optiker noch weiße Kittel trugen und ihre Brillengestelle in Schubladen hinter Schloss und Riegel versteckten, stellte er seine Brillen offen an der Wand aus und ließ die Kunden selbst entscheiden, was sie anprobieren wollten. Der innovative Einzelhändler lockte die Kunden mit niedrigen Preisen, kostenlosen Zusatzleistungen wie Brillenreinigung sowie einer Garantie auf seine Brillen. Nicht jeder war begeistert, dass Fielmann bald als „Robin Hood der Brillenträger“ galt. Nach fünfzigjährigem Bestehen expandiert das Unternehmen in die Tschechische Republik.
In dieser Zeit ist aus dem kleinen Geschäft im niedersächsischen Cuxhaven die größtIe Optikergruppe Mitteleuropas mit 27 Millionen Kunden in 16 Ländern, 22.000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von rund zwei Milliarden Euro Jahr geworden. Geleitet wird es vom 33-jährigen Sohn des Gründers, Marc Fielmann, der den Konzern vor drei Jahren übernommen hat und ihn in Richtung Digitalisierung vorantreibt. Zum 50-jährigen Jubiläum in diesem Jahr hat sich Fielmann unter anderem eine Investition in eine neue Hightech-Brillenfabrik und ein vollautomatisches Fulfillment-Center in Chomutov geschenkt. Das Unternehmen plant, in der Tschechischen Republik insgesamt 1,8 Milliarden CZK zu investieren.
Die Investition in die Produktionsstätte folgt dem Einstieg der Fielmann-Gruppe auf dem tschechischen Markt im vergangenen Jahr. Die Gruppe hat sich erfolgreich auf den Märkten aller Nachbarländer Tschechiens mit Ausnahme der Slowakei bereits etabliert. Fielmann eröffnete im vergangenen Jahr vier Filialen in der Tschechischen Republik und plant bis Ende dieses Jahres vier weitere zu eröffnen. Die Gruppe sieht hier eine Chance für den Markenaufbau, wie der CEO Marc Fielmann erklärt: „Der Markt in Tschechien ist sehr fragmentiert, nur eine internationale Kette ist hier vertreten.“ Dies gehe zu Lasten der Kunden, sagt er. „Obwohl die Kaufkraft deutlich geringer ist als in Deutschland, gibt es bei den Brillenpreisen fast keinen Unterschied“, so Fielmann. Mittelfristig plant das Unternehmen, in Tschechien 100.000 Brillen pro Jahr zu verkaufen.
Die Deutsch-Tschechischen Industrie- und Handelskammer hatte die Investition mit ihren Dienstleistungen begleitet. Bernard Bauer, geschäftsführender Vorstand, begrüßte die Hightech-Investition und betonte die entscheidende Rolle der Infrastruktur bei der Wahl eines Investitionsstandortes. Chomutov liegt in unmittelbarer Nähe der Autobahn D7, die es im Süden mit Prag und im Norden mit Chemnitz, Leipzig und Dresden verbindet.
„Wir freuen uns sehr, dass eines der führenden Optikunternehmen der Welt beschlossen hat, unsere Stadt zu einem wichtigen Zentrum der optischen Industrie zu machen“, sagt Marek Hrabáč, Bürgermeister von Chomutov. „Wir sind stolz darauf, ein weiteres führendes Unternehmen in die Liste der Unternehmen aufnehmen zu können, die sich für Chomutov entschieden haben, weil die Stadt aufgrund ihrer hochqualifizierten Arbeitskräfte, ihrer zuverlässigen Infrastruktur und ihrer kooperativen Verwaltung so attraktiv ist“, fügt Hrabáč hinzu.
Der innovative Geist des Gründers wird auch von seinem Sohn bewahrt. Marc Fielmann setzt auf die Digitalisierung und sieht die Zukunft zum Beispiel in sogenannten Smart Glasses. Solche Brillen sollen die drahtlose Konnektivität und die Bildgebung, die wir von Computern und Handys kennen, in den Rahmen und die Gläser unserer Brillen bringen. So wie wir uns ein Leben ohne Laptop oder Mobiltelefon nicht mehr vorstellen können, werden wir bald die gleiche Vielseitigkeit und Konnektivität unserer Brillen und sogar unserer Kontaktlinsen erleben können. Deshalb gab der Fielmann-Konzern Anfang des Jahres den Kauf einer bedeutenden Beteiligung an dem israelischen Start-up-Unternehmen Deep Optics bekannt, das eine auf Flüssigkristalllinsen basierende Technologie entwickelt hat, mit der sich die Schärfe von Brillen auf jede Entfernung einstellen lässt. Die Zukunft klar im Blick!
Text: Šimon Geist
Foto: Fielmann