Ifo-Geschäftsklimaindex April 2022
Unternehmen in Deutschland: „Wir sehen eine gewisse Stabilisierung“
Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich auf niedrigem Niveau stabilisiert. Der ifo Geschäftsklimaindex ist im April auf 91,8 Punkte gestiegen, nach 90,8 Punkten im März. Dies war vor allem auf weniger pessimistische Erwartungen der Unternehmen zurückzuführen. Die aktuelle Lage bewerteten sie minimal besser. Nach dem ersten Schock über den russischen Angriff zeigt die deutsche Wirtschaft sich widerstandsfähig.
Verarbeitendes Gewerbe
Im verarbeitenden Gewerbe legte der Index nach dem Absturz im Vormonat wieder zu. Grund war der Anstieg des Erwartungsindikators. Die Unternehmen sind für die kommenden Monate etwas weniger pessimistisch. Mit der aktuellen Lage waren sie hingegen etwas weniger zufrieden. In der chemischen Industrie haben sich jedoch sowohl die Erwartungen als auch die aktuelle Lage verschlechtert.
Im Dienstleistungssektor hat sich das Geschäftsklima merklich verbessert. Die Dienstleister waren deutlich zufriedener mit den laufenden Geschäften. Zudem blicken sie weniger pessimistisch auf die kommenden Monate. Insbesondere der Bereich Transport und Logistik konnte sich von dem Einbruch im Vormonat erholen. Im Gastgewerbe verbesserte sich das Geschäftsklima vor dem Hintergrund der sich entspannenden Coronalage deutlich.
Im Handel ist der Geschäftsklimaindikator weiter gesunken. Dies war auf deutlich schlechtere Einschätzungen zur aktuellen Lage zurückzuführen. Die Erwartungen verbesserten sich leicht, sind jedoch weiterhin sehr pessimistisch.
Im Bauhauptgewerbe ist das Geschäftsklima auf den niedrigsten Wert seit Mai 2010 abgestürzt. Die Unternehmen waren merklich weniger zufrieden mit der aktuellen Geschäftslage. Ihre Erwartungen waren zudem noch nie so pessimistisch seit der Wiedervereinigung. Insbesondere große Materialengpässe belasten das Geschäft.
Das ifo Geschäftsklima basiert auf ca. 9.000 monatlichen Meldungen von Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes, des Dienstleistungssektors, des Handels und des Bauhauptgewerbes. Die Unternehmen werden gebeten, ihre gegenwärtige Geschäftslage zu beurteilen und ihre Erwartungen für die nächsten sechs Monate mitzuteilen. Sie können ihre Lage mit „gut“, „befriedigend“ oder „schlecht“ und ihre Geschäftserwartungen für die nächsten sechs Monaten als „günstiger“, „gleich bleibend“ oder „ungünstiger“ bezeichnen.
Die ifo Geschäftsunsicherheit misst, wie schwer es Manager*innen fällt, die Entwicklung der Geschäftslage ihres Unternehmens in den nächsten sechs Monaten vorherzusagen. Das Maß berechnet sich auf Basis der gewichteten Anteile der Unternehmen, die auf die Antwortoptionen „leicht“, „eher leicht“, „eher schwer“ und „schwer“ einer entsprechenden Frage in der ifo Konjunkturumfrage entfallen.
„Der Krieg ist sicher noch nicht verkraftet, aber wir sehen eine gewisse Stabilisierung. Eine Rezession im Sinne negativer Wachstumsraten werden wir nicht bekommen. Aber das Wachstum wird sehr niedrig sein. (…) Bei der Inflation wird es eher noch schlimmer. Wir haben große Probleme mit der Versorgung. Die Zahl der Firmen, die Preiserhöhungen erwarten, ist noch mal gestiegen. Wir haben wirklich eine Situation der Stagflation, eine schwache Konjunktur und stark steigende Preise. Das ist eine sehr schwierige Situation, auch für die Geldpolitik, die ja jetzt bei schwacher Konjunktur wahrscheinlich auf die Bremse treten muss.“
Prof. Clemens Fuest
Chef des Münchner ifo Instituts