Medizintechnik-Branche wächst weltweit um knapp 6 Prozent
Die Medizintechnik-Branche ist ein wichtiger Treiber des medizinischen Fortschritts. Dafür werden sehr intensive Forschungsanstrengungen unternommen. Im Durchschnitt investieren die MedTech-Unternehmen in Deutschland rund 9 Prozent ihres Umsatzes in Forschung und Entwicklung. Die Exportquote liegt derzeit bei rund 65 Prozent. Die Branche ist sehr mittelständisch geprägt. 92 Prozent der MedTech-Unternehmen beschäftigen weniger als 250 Mitarbeiter. Insgesamt beschäftigen die Unternehmen der Medizintechnologie in Deutschland rund 210.000 Menschen.
Wachstum der MedTech-Branche
Langfristig wird die Medizintechnik-Branche ein Wachstumsmarkt bleiben. Dazu tragen unter anderem folgende Faktoren bei:
- Der medizinisch-technische Fortschritt: Der MedTech-Fortschritt ermöglicht die Behandlung von Krankheitsbildern, die vor 10 oder 20 Jahren nicht behandelt werden konnten. Und durch innovative, schonendere Verfahren können immer mehr Operationen an immer älteren Patienten durchgeführt werden.
- Die demografische Entwicklung: Es gibt in Deutschland zunehmend mehr ältere und oftmals multimorbide Menschen.
- Der erweiterte Gesundheitsbegriff in Richtung mehr Lebensqualität: Patienten fragen Leistungen rund um ihre Gesundheit immer stärker selbst nach und sind bereit, für bessere Qualität und zusätzliche Dienstleistungen mehr zu bezahlen.
Die Folge all dieser Faktoren: Der Bedarf an Gesundheitsleistungen wird weiter steigen.
Ergebnisse der BVMed-Herbstumfrage zur Lage der MedTech-Branche
Der BVMed führte bei seinen Mitgliedsunternehmen im Hebst 2017 eine umfassende Online-Befragung durch, an der sich 106 Unternehmen beteiligt haben – darunter vor allem die größeren Hersteller von Medizinprodukten aus Deutschland und den USA.
Ergebnis: Die Medizintechnik-Branche sorgt sich zunehmend um den Standort Deutschland. Das erwartete Umsatzwachstum der Unternehmen liegt im Inland nur noch bei 2,8 Prozent und damit deutlich unter den Vorjahreswerten. Die weltweite Umsatzentwicklung bleibt dagegen mit einem Plus von 5,9 Prozent auf dem guten Vorjahresniveau.
Trotz der angespannten Situation im Inland investieren die Unternehmen verstärkt in ihre deutschen Produktionsstandorte. 26 Prozent der befragten BVMed-Unternehmen erhöhen ihre Investitionen, 50 Prozent halten das Investitionsniveau. Ähnlich ist die Situation bei den Forschungsausgaben. 29 Prozent der befragten BVMed-Unternehmen erhöhen ihre Forschungsausgaben gegenüber dem Vorjahr, 45 Prozent halten das Niveau. Derzeit investiert die Branche 9 Prozent ihrer Umsätze in Forschung und Entwicklung.
MDR das größte Hemmnis für den MedTech-Fortschritt
Als größtes Hemmnis für die künftige Entwicklung der Medizintechnologie-Branche sehen die Unternehmen die neue EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR) an, die überaus kritisch beurteilt wird. 65 Prozent der MedTech-Unternehmen bezeichnen die zusätzlichen Anforderungen durch die MDR als größtes Hemmnis. 63 Prozent nennen die Pflicht zu umfassenden klinischen Daten durch die MDR als Hürde. Kritisch werden zudem die längeren Zulassungszeiten durch Ressourcendefizite bei den Benannten Stellen gesehen.
Als Folge der MDR-Implementierung befürchten 68 Prozent der Unternehmen, dass Produkte aus ökonomischen Gründen vom Markt genommen bzw. nicht auf den Markt gebracht werden. Knapp zwei Drittel der Unternehmen erwarten, dass die Kosten und damit auch die Preise der Medizinprodukte durch die MDR-Folgen steigen werden. Der Druck werde dabei insbesondere auf kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs) steigen, sagen 56 Prozent der Befragten. Knapp die Hälfte der Unternehmen (47 Prozent) erwartet, dass durch die MDR-Folgen künftig die Patientenversorgung leiden wird.
Als größte Hemmnisse der aktuellen nationalen Rahmenbedingungen werden von den MedTech-Unternehmen der Preisdruck durch Einkaufsgemeinschaften (62 Prozent) sowie innovationsfeindliche Einstellungen von Krankenkassen (50 Prozent) bezeichnet.
Arbeitsplätze: Jobmotor stottert
Aufgrund der schwierig werdenden Rahmenbedingungen gerät der Jobmotor Medizintechnik in Deutschland ins Stottern. Nur noch 44 Prozent der Unternehmen schaffen in diesem Jahr zusätzliche Jobs (Vorjahr: 66 Prozent), 12 Prozent müssen sogar Arbeitsplätze abbauen.
Die Berufsaussichten für Fachkräfte in der MedTech-Branche sind dabei nach wie vor glänzend. 91 Prozent der Unternehmen halten die Berufsaussichten für unverändert gut bzw. besser. Gesucht werden vor allem Ingenieure, Medizintechniker und Wirtschaftswissenschaftler.
MedTech und die Koalitionsverhandlungen
Wie in Tschechien, so ist auch in Deutschland kürzlich das Parlament neu gewählt worden. Derzeit stehen schwierige Verhandlungen über die Bildung einer neuen Regierung an.
Der deutsche MedTech-Verband BVMed fordert zu den Koalitionsverhandlungen mehr Transparenz bei den Entscheidungen der Selbstverwaltung und deren Gremien. Vertreter der MedTech-Hersteller müssen dort, wo ihre Produktbereiche oder damit verbundene Verfahren betroffen sind, als Experten gehört und eingebunden werden. Außerdem sollte es zur Verfahrensbeschleunigung ein Antragsrecht der Herstellerverbände im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) für neue Medizintechnologien geben.
Im Krankenhausbereich müssten Medizinprodukte im Rahmen einer innovativen, hochwertigen, an den Bedürfnissen der Patienten orientierten Krankenhausversorgung auch sachgerecht vergütet werden. Das Instrument der Qualitätsverträge sollte ausgebaut werden. Generell sollten für Leistungen im Krankenhaus Ansätze qualitätsdifferenzierter Vergütung weiter an Gewicht gewinnen und konsequent an der Ergebnisqualität ausgerichtet werden.
Ein weiterer Punkt auf der BVMed-Agenda ist die Stärkung der ambulanten Versorgung mit MedTech-Innovationen. Methoden, die für den stationären Sektor positiv bewertet worden seien, müssten beim Vorliegen entsprechender struktureller Voraussetzungen auch ambulant erbracht werden können.
Fazit und Ausblick
Medizintechnologien werden stetig weiterentwickelt – unter aktiver Mitwirkung der Anwender, der Ärzte und Pflegekräfte. Die Innovationszyklen sind sehr kurz – im Gegensatz zum Arzneimittelbereich. Schrittinnovationen sind typisch für die Welt der Medizintechnologien.
Um die Innovationskraft der Medizintechnik-Branche zu erhalten müssen wir unsere Erstattungs- und Bewertungssysteme an die Dynamik der Technologien anpassen, damit die Patienten auch in Zukunft ohne Verzögerungen am medizinischen Fortschritt teilhaben können.
In der neuen Legislaturperiode sollten die Bewertungsverfahren daher durch ein „Fortschrittsbeschleunigungsgesetz“ verbessert und bürokratische Hemmnisse konsequent abgebaut werden.
Manfred Beeres ist Kommunikationsleiter des BVMed, Stellvertretender Geschäftsführer bei MedInform und Herausgeber des monatlichen englischsprachigen Hintergrunddienstes MedInsight Germany.
Bildquelle des Beitragsbildes: BVMed-Jahresbericht 2016 / 17