H2: Tschechien setzt auf Importe
Tschechien ist bei der Nutzung von Wasserstoff in Verzug. Im Verkehr und in der Energiewirtschaft kommt das Gas kaum zum Einsatz. Die Regierung ändert daher ihre Strategie und setzt nun auf Importe, um die Wasserstoffproduktion und -nutzung als Energieträger voranzutreiben.
Gerit Schulze | Germany Trade & Invest
Tschechiens petrochemische Industrie produziert schon heute beträchtliche Mengen Wasserstoff, doch dieser wird vor allem in der Chemiebranche genutzt. Aufgrund hoher Preise von bis zu 20 Euro pro Kilogramm ist das Gas für andere Anwendungen wenig konkurrenzfähig.
3 Etappen der Markteinführung
Tschechien plant die breite Markteinführung von Wasserstoff in drei Etappen, in denen der Erzeugerpreis für den Energieträger schrittweise sinkt:
1) Lokale Wasserstoff-Inseln (bis 2030):
- Fokus auf grüne Wasserstoffproduktion aus erneuerbaren Quellen, vor allem in ehemaligen Kohleregionen, etwa in Karlovy Vary, Ústí nad Labem und Mährisch-Schlesien.
- Ziel ist eine Produktion von rund 20.000 Tonnen Wasserstoff jährlich, der vor allem in der Industrie und im Verkehrssektor genutzt werden könnte.
2) Globale Wasserstoffbrücken (ab 2030):
- In anderen Ländern wird die Produktion von grünem Wasserstoff billiger sein.
- Daher setzt Tschechien perspektivisch auf Importe aus Ländern wie Nordafrika, der Ostsee-Region, Skandinavien, dem Balkan oder der Ukraine.
- Das bestehende Erdgas-Pipelinesystem soll dafür so umgerüstet werden, dass ein leistungsfähiges Transportnetz entsteht.
3) Technologische Entwicklung (ab 2040):
- Ziel, eigene Innovationen in der Wasserstoffproduktion und bei Brennstoffzellentechnologien voranzutreiben, um auch preislich mit importiertem Wasserstoff konkurrieren zu können.
Benötigte Investitionen für die erste Phase (Mio. EUR)
Bau von Wind-, Solar- und Wasserkraftanlagen | 2.275 |
Aufbau von Elektrolyseuren | 1.078 |
Anschaffung von Wasserstofffahrzeugen und Aufbau der entsprechenden Infrastruktur | 878 |
Umnutzung der Gastransport- und Verteilerleitungen | 208 |
Infrastruktur zur Speicherung von Wasserstoff | 80 |
Produktion von synthetischen Kraftstoffen (E-Fuels) | 40 |
Wichtige Projekte und Initiativen:
- Wasserstoffbusse in Prag: In Prag sollen mehr Wasserstoffbusse eingesetzt werden. Eine Machbarkeitsstudie und Wirtschaftlichkeitsanalyse laufen mit EU-Unterstützung. Zudem ist eine Solaranlage zur klimaneutralen Wasserstoffproduktion geplant.
- Škoda H’City Wasserstoffbus: Der von Škoda Electric weiterentwickelte TriHyBus fährt seit 2023 im Linienverkehr in Prag und hat eine Reichweite von 350 km.
- Wasserstoffzüge: Tschechiens Eisenbahn plant den Einsatz von Wasserstoffzügen auf rund 6.000 km nicht elektrifizierter Strecken. Eine Machbarkeitsstudie zeigt Kostenvorteile gegenüber Elektrifizierung und Dieselloks.
- Tatra Lkw mit Brennstoffzelle: Der Force e-Drive Lkw von Tatra mit 400 km Reichweite wird für den Bergbau entwickelt. Das Projekt erfolgt in Zusammenarbeit mit der Prager Hochschule für Chemie und dem Forschungsbüro ÚJV Řež.
- Deutsch-tschechische Kooperationen: Projekte wie der Czech German Hydrogen Interconnector und HyBaBo fördern die grenzüberschreitende Wasserstoffversorgung und Forschung zwischen Tschechien und Deutschland.
Geplante Anzahl an Fahrzeugen mit Wasserstoffantrieb
Zielvorgaben der tschechischen Regierung
Fahrzeugtyp | 2025 | 2030 | 2035 |
---|---|---|---|
Pkw | 200 | 3.000 | 8.000 |
Leichte Nutzfahrzeuge (N1) | 50 | 800 | 3.500 |
Schwere Lastwagen (N2, N3) | 10 | 380 | 1.500 |
Busse | 10 | 200 | 350 |
Foto: Ministerstvo dopravy ČR, Petr Hejna (DPP)