Glück auf!

Die Region Ostrava wandelt sich zu einem modernen IT- und Entwicklungszentrum

Ostrava und sein Umland stehen schon lange nicht mehr nur für Schächte und Hüttenwerke. Obwohl die Schwerindustrie für den Kreis immer noch eine wichtige Rolle spielt, entwickeln sich hier auch moderne und innovative Branchen. 

Ihr ganzes Leben haben sie unter Tage gearbeitet. Drei ehemalige Kumpel vom Paskov-Schacht haben allerdings bewiesen, dass ein radikaler Wandel jederzeit möglich ist: Heute bauen sie nicht mehr Kohle ab, sondern arbeiten am Computer. Dabei geholfen hat ihnen ein dreimonatiger Kurs an der TU Ostrava, den sie im letzten Jahr erfolgreich absolviert haben. Ihr Geld verdienen sie nun mit Programmieren.

Sie waren nicht die einzigen. Jeder vierte Kursteilnehmer war einmal Bergmann. Dreimal in der Woche besuchten sie die Universität und erlernten die Programmiersprachen C# und Java – und übten daneben auch zuhause. Die Organisatoren sehen den Kurs als einen „dritten Weg“ für Leute, deren erlernter Beruf immer weniger gefragt ist. Sie müssen also für eine neue Arbeit nicht ihre Heimat verlassen, sondern entwickeln sich selbst weiter für einen Job, der in der Region am Kommen ist.

Das Projekt „Razíme cestu“ (auf Deutsch etwa: „Wir graben uns einen Weg“), an dem die drei Bergleute teilgenommen haben, inspiriert auch andere. „Wir wollten den Menschen an einem eindrücklichen Beispiel zeigen, dass es nie zu spät ist, etwas völlig Neues zu erlernen“, sagt Tomáš Ervín Dombrovský von der Gesellschaft LMC, die die Jobportale jobs.cz und práce.cz betreibt und das Projekt vorbereitet und finanziert hat.

Der Weg zur IT

Wie sehr sich Ostrava und sein Umland gerade verändern, sieht man auch an den vielen Firmen, die sich hier angesiedelt haben und ihre Teams aus Computerspezialisten ständig erweitern. Die bedeutendste unter ihnen ist die finnische Gesellschaft Tieto – neben IBM hierzulande der größte Arbeitgeber im IT-Bereich. In Ostrava, wo das Unternehmen seinen tschechischen Sitz hat, beschäftigt Tieto rund 2.500 Mitarbeiter und will sogar noch aufstocken.

Zu den anderen großen Arbeitgebern im IT-Bereich gehören im Raum Ostrava etwa die Unternehmen Okin BPS, IBA CZ und CGI. „CGI ist seit ungefähr drei Jahren in Ostrava ansässig und hat mittlerweile etwa 80 Angestellte – das sind 60 Prozent mehr als noch vor einem Jahr“, sagt der HR-Projektmanager des Unternehmens Marek Lakota. Zugleich wächst in Ostrava auch der Bereich Forschung und Entwicklung, zum Beispiel bei Siemens und Continental.

Der Markt stößt an Grenzen

Warum erleben gerade Ostrava und seine Umgebung einen solchen Boom? Einen Anteil daran haben die etwas geringeren Lohnkosten als etwa in Prag. Gleichzeitig sehen die Arbeitgeber hier aber auch ein größeres Potential im Bereich Human Resources. Die Suche nach Arbeitskräften gestaltet sich im Mährisch-Schlesischen Kreis noch etwas einfacher als in anderen Regionen des Landes. Allerdings spürt man auch hier bereits die Folgen der extrem niedrigen Arbeitslosigkeit.

Besonders im IT-Bereich brauchen die Beschäftigten nicht unbedingt einen festen Arbeitsplatz, was Firmen im Raum Ostrava das Anwerben von Arbeitskräften aber auch erschwert. „In unserer Branche kommt es weniger darauf an, wo sich der Arbeitsplatz befindet. Deswegen konkurrieren wir auch mit Unternehmen aus anderen Regionen und Ländern, die ihren Mitarbeitern die sogenannte Telearbeit ermöglichen“, schildert Marek Lakota von CGI.

Neue IT-Talente kommen auch direkt von zwei Universitäten aus der Region. Laut Lakota wird das Problem mit der Suche nach Arbeitskräften aber auch dadurch nicht völlig behoben. „Die Schwierigkeiten auf dem tschechischen IT-Arbeitsmarkt sind nicht auf fehlende Absolventen zurückzuführen. Vielmehr mangelt es an erfahrenen Experten“, fügt Lakota hinzu.

Oft bleibt den Managern nur ein Ausweg: Zeit und Geld investieren und die Fachleute schrittweise selbst „heranziehen“. In Mährisch-Schlesien gibt es aber – zumindest in manchen Branchen – immerhin noch ein gewisses Angebot von Arbeitskräften. Der Weg nach oben kann also im Nordosten des Landes weitergehen. Glück auf!

Autorin: Pavla Francová

Bildquelle: DmyTo/Shutterstock.com

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