Schonungslos und strategisch das große Ganze in den Blick nehmen

Es braucht einen neuen Trend zum Clustern – über die Landesgrenzen hinweg

Bernard Bauer, geschäftsführender Vorstand, DTIHK

Wir schauen zurück auf 30 Jahre deutsch-tschechisches Business, 30 Jahre Erfolgsstory. Zurückzuschauen lohnt sich, wenn man die Richtung für die Zukunft bestimmen will. Ich habe einen Blick auf unsere TopThemen der letzten 12 Jahre geworfen. Als Kammer nehmen wir die Entwicklungen in den Blick, die eine Herausforderung für die deutsch-tschechische Wirtschaft darstellen, und in beiden Ländern ganz oben auf der Agenda stehen – oder stehen sollten!

Schon 2011 haben wir am Thema Mobilität & Energieeffizienz gearbeitet, uns 2012 für Fachkräfte und Innovation eingesetzt, 2014 Forschung & Entwicklung im deutsch-tschechischen Business gefördert. Dann folgte eine Reihe von digitalen Themen, angefangen mit Industrie 4.0 (2015), unserem Startup-Wettbewerb Connect Visions to Solutions (ab 2016), mit dem wir die großen, kraftvollen Corporates mit den agilen, innovativen Startups „connected“ haben. Dazu kamen die Themen Intelligente Infrastruktur, künstliche Intelligenz und schließlich die Plattform #PartnersForSustainability… Das ist eine stolze Reihe von TopThemen, die wir nach vorne gebracht haben.

Und nun?

Nun stehen wir vor der größten Transformationsaufgabe seit dem Zusammenbruch der kommunistischen Planwirtschaft und ihrer erfolgreichen Überführung in eine soziale Marktwirtschaft. Es geht um den Erhalt und den Ausbau der Konkurrenzfähigkeit unseres auf freien Märkten basierenden Wirtschaftsmodells. Das muss mehr denn je die Nachhaltigkeit mit Blick auf unsere natürlichen Ressourcen adressieren. Zugleich muss es protektionistischen Tendenzen standhalten sowie dem Druck seitens autoritär geleiteter, strategisch-technologisch aufstrebender Wirtschaftsmodelle, deren Grundlage nicht mehr der freie Markt ist. Ein Dilemma, aus dem die europäische Wirtschaft ihren Weg finden muss.

Wir feiern zugleich 30 Jahre EU-Binnenmarkt, dessen Erfolg auf den vier Freiheiten beruht, dem freien Verkehr von Waren, Dienstleistungen, Kapital und Personen. Sie müssen bewahrt und geschützt werden. Ohne diesen Binnenmarkt gäbe es die deutsch-tschechische Erfolgsstory nicht. Wir haben zudem gelernt, dass sich die Rahmenbedingungen für unsere Unternehmen an einem einzigen Tag komplett ändern können. Die Flexibilität, damit umzugehen, müssen wir gezielt ausbauen.

Es ist an der Zeit, alle Stränge zusammenzuführen, alle Themen zu synchronisieren, in Echtzeit und gleichzeitig. Wir müssen schonungslos und strategisch das große Ganze in den Blick nehmen. Dazu braucht es einen neuen Trend zum Clustern von ganzen Branchen, und zwar über die Landesgrenzen hinweg. Hier sehe ich auch unsere künftige Aufgabe als Deutsch-Tschechische Industrie- und Handelskammer. Für diese Planungen werden wir die großen, die mittelständischen und die kleinen agilen Mitgliedsunternehmen an einen Tisch holen.

Denn eines ist klar: Niemand in der EU möchte für rigoroses globales Wachstum unsere Erde und die persönliche Freiheit opfern.

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