Digital gegen Depressionen
Eine elektronische Spezial-Technologie hilft psychisch kranken Menschen
Allein in Europa gibt es rund 33 Millionen Menschen, die unter einer bipolaren affektiven Störung, sprich unter krankhaften Stimmungsveränderungen oder -schwankungen leiden. Beim Kampf gegen diese Erkrankung der Seele kommt immer häufiger auch moderne Technologie zum Einsatz. Eine neue Lösung stammt vom tschechischen Startup Mindpax.
Die Firma Mindpax zeigt, wie sich psychiatrische Behandlung und digitale Technologien ergänzen. Das smarte Armband dieses tschechischen Startups überwacht den Zustand von Patienten und warnt die zuständigen Ärzte rechtzeitig, bevor sich der psychische Zustand verschlechtert.
Dieses besondere System wurde in Zusammenarbeit mit dem Arzt und Psychiater Filip Španiel vom tschechischen Institut zur Heilung von seelischen Erkrankungen entwickelt. Es besteht aus drei Elementen, die zusammenwirken: einem Armband, das wie eine Smartwatch aussieht, einer App für das Handy und einem medizinischen Internetportal für den Arzt. Menschen mit Depressionen, Schizophrenie oder einer bipolaren Störung soll damit ein Frühwarnsystem an die Hand gegeben werden, so dass es gar nicht erst zum Krankheitsausbruch oder einem Anfall kommen muss.
„Das Armband sammelt durchgehend Daten über die körperlichen Aktivitäten und den Schlaf seines Trägers und schickt sie an unsere Datenbank. Mithilfe der Daten versuchen wir, den persönlichen Algorithmus des Patienten zu finden, der uns ermöglicht, rechtzeitig einzugreifen und so ein erneutes Ausbrechen der Krankheit zu verhindern“, erläutert Pavel Nevický von Mindpax.
Selbst erkennen die Patienten in der Regel nicht, wann sich ihr Zustand verschlechtert. Und ohne Hilfe droht ein erneuter Schub der Krankheit, was häufig eine stationäre Behandlung nötig macht. Das bedeutet nicht nur Probleme für die Patienten und ihre Familien, sondern erfordert auch einen erheblichen finanziellen Aufwand für die Behandlung.
Aus den biomedizinischen Daten, die durch die Technologie von Mindpax aufgezeichnet werden, lässt sich der herannahende Schub bereits Wochen im Voraus absehen. Wenn die Symptome rechtzeitig erkannt werden, kann dem Patienten etwa durch eine veränderte Dosierung der Medikamente auch ohne Krankenhausaufenthalt geholfen werden.
Vermarktungspotenzial im Ausland
Mindpax hat in Tschechien gerade in Zusammenarbeit mit dem Nationalen Institut zur Heilung von seelischen Erkrankungen eine großangelegte Studie gestartet. Rund 400 Menschen liefern über eineinhalb Jahre hinweg ihre Gesundheitsdaten, die durch die neue Technologie ermittelt und ausgewertet werden. Mithilfe dieser Datenprobe lässt sich dann der Vorhersage-Algorithmus für jeden Probanden individuell anpassen.
Die Armbänder werden derzeit auch in Deutschland und Großbritannien getestet. Dank der Forschungsarbeit und den Kontakten des Psychiaters Filip Španiel und des Mathematikers und Mitbegründers Daniel Novák, konnten anerkannte ausländische Partner gefunden werden. In Deutschland kooperiert die junge tschechische Firma zum Beispiel mit der Berliner Charité.
„Wir konzentrieren uns besonders auf den deutschen Markt, wir haben dort Partneruniversitäten und -kliniken, zudem führen wir Gespräche mit den Krankenkassen“, erklärt Startupper Nevický. Das Bundesgesundheitsministerium hat eine Initiative gestartet, um in jedem Bundesland die Zahl der stationären Behandlungen von psychisch kranken Menschen zu senken. „Und genau das bietet unsere Technologie“, so Nevický weiter. Die Projekte, die für die Initiative ausgewählt werden, sollen letztlich durch die Kassen bezahlt werden. Mindpax sondiert derzeit die Bedingungen, unter denen eine erfolgreiche Teilnahme möglich ist. Je mehr Menschen die Armbänder nutzen, je mehr Daten gesammelt werden, desto zuverlässiger funktioniert die Vorbeugung. Denn die Ergebnisse der Teilnehmer werden untereinander verglichen, um Abweichungen von der Norm zu erkennen.
Anwendung für Sportler
In die Firma, die ihre technologische Lösung an die Krankenkassen verkaufen will, hat vor kurzem der Spezialfonds RSJ Gradus investiert. Mindpax treibt nämlich neben der Hilfe für Menschen mit bipolarer Störung auch noch weitere Projekte voran. „Wir arbeiten mit dem tschechischen Olympischen Komitee zusammen, dabei helfen wir durch unsere Armbänder Sportlern bei der Datenanalyse ihres Schlafes“, sagt Nevický. Auch Pharma-Unternehmen wollen beim Test ihrer Medikamente mit der Firma kooperieren. Ein schneller Erfolg für ein Tech-Startup, das erst vor vier Jahren mit den ersten Tests begann.
Bisherige Lösungen auf dem Markt arbeiten mit der Auswertung von Handydaten. Dabei werden zum Beispiel die Häufigkeit von Telefonaten sowie die Stimmlage des Patienten aufgezeichnet und ausgewertet, um den Gesundheitszustand zu ermitteln. Mindpax hat im Frühling dieses Jahres einen Antrag auf eine europäische Patentierung gestellt. In der psychiatrischen Behandlungstechnologie kommt das nicht sehr oft vor.
Autorin: Pavla Francová
Bildquelle Beitragsbild: Mindpax