Die drängenden Veränderungen nicht verschlafen

Der Begriff „Nachhaltige Entwicklung“ ist in der Mitte unserer Gesellschaft angekommen, dennoch bleibt es schwierig, ihn exakt zu fassen. Dabei zeigen sich die Konsequenzen nicht nachhaltiger Entwicklung deutlich: Klimawandel, steigender Ressourcenverbrauch, die ökologischen Rucksäcke unserer Produkte, die obendrein noch unter häufig unbekannten menschenrechtlichen Rahmenbedingungen hergestellt werden, wachsende Abfallberge und fehlendes Recycling, wie auch ein überbordender gesellschaftlicher Konsum. Das sind die sichtbaren und unsichtbaren Herausforderungen für unsere industrialisierten Gesellschaften. Auf der politischen Agenda in Deutschland und Europa nimmt das Thema Fahrt auf.

Die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen (United Nations) haben 2015 insgesamt 17 Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals – SDGs) als global gültige Prioritäten und Zielsetzungen bis zum Jahr 2030 vereinbart. Die SDGs sollen weltweit Regierungen, Unternehmen und die Zivilgesellschaft zum zielgerichteten Handeln in Richtung Nachhaltigkeit anleiten. Der Wirtschaftswissenschaftler und Politiker Uwe Schneidewind spricht von der „Großen Transformation“ in nahezu allen Lebensbereichen: Wohlstands- und Konsumwende, Energiewende, Ressourcenwende, Mobilitätswende, Ernährungswende, urbane Wende und industrielle Wende.

Unternehmen spielen dabei eine Schlüsselrolle. Entsprechend entstehen weltweit gerade in Rekordzeit neue Standards und gesetzliche Regelungen zur unternehmerischen Verantwortung, die menschenrechtliche Sorgfaltspflichten, den Klimaschutz oder auch die Einführung einer Kreislaufwirtschaft adressieren. Der „Green Deal“ gilt als Fahrplan für eine nachhaltige EU-Wirtschaft, der auch die im Pariser-Klimaschutzabkommen vereinbarten Reduktionsziele adressiert. Zudem arbeitet die EU-Kommission an legislativen Regelungen zu „Sustainable Finance“, überarbeitet die CSR-Richtline zur Veröffentlichung nichtfinanzieller Informationen (Directive 2014/95/EU) oder regelt ab Anfang 2021 die Pflichten zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten in der Lieferkette für Unionseinführer von Zinn, Tantal, Wolfram, deren Erzen und Gold aus Konflikt- und Hochrisikogebieten (Verordnung (EU) 2017/821).

Auf nationaler Ebene finden sich ähnliche Vorhaben. So wird in Deutschland aktuell die Nationale Nachhaltigkeitsstrategie (Agenda 2030) überarbeitet. Zudem soll basierend auf dem Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte der deutschen Bundesregierung ein sog. Lieferkettengesetz (Sorgfaltspflichtengesetz) erlassen werden. Solche Gesetzesinitiativen werden zusätzlich von den aktuell weltweit erarbeiteten freiwilligen Standardinitiativen in vielen Wirtschaftssektoren und den immer vielfältiger werdenden Produktstandards- und Zertifikatsschemata begleitet.

Risiko eines Reputationsverlustes

Nahezu allen dieser Regelungen und Standards gemeinsam sind die folgenden Handlungsmaximen: Sie setzen auf unternehmerische Transparenz, Nachvollziehbarkeit und die klare eigenverantwortliche Einhaltung von Normen als unternehmerische Sorgfaltspflicht. Diese Anforderungen sind inzwischen so komplex, dass Unternehmen sie strukturiert und fokussiert beantworten müssen, wollen sie das Risiko eines Reputationsverlustes oder gar das Wegbrechen von Marktanteilen verhindern.

Es werden neuartige Mechanismen im Management von Unternehmen notwendig, die die Verantwortung für die nachhaltige Entwicklung stärker in den Mittelpunkt des unternehmerischen Handelns rücken. Das ist nicht nur eine strategische Aufgabe, sondern eine aktuelle operative Herausforderung. Denn eines ist klar: Für Unternehmen bedeutet es dramatisch hohe Anpassungskosten, wenn sie die drängenden Veränderungen verschlafen. Die Ausrichtung auf eine nachhaltige Wirtschaftsweise ist eine Investition in die Zukunft.

Mit dem TopThema #PartnersForSustainability bietet die DTIHK eine Plattform, sich diesen Herausforderungen im Rahmen von Diskussionsforen und aktiver gegenseitiger Unterstützung zu stellen. Wir sind als Supporting-Partner Teil dieser Initiative und freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit!

Prof. Dr. Frank Ebinger

Forschungsprofessur für Nachhaltigkeitsorientiertes Innovations- und Transformationsmanagement, Nuremberg Campus of Technology | Stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Umweltgutachterausschusses (UGA) beim Bundesumweltministerium

Text: Frank Ebinger

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