3x Mobilität in Deutschland
Verkehrsträger Nr. 1 in Deutschland ist und bleibt das Auto. Rund 43 Millionen private Fahrzeuge und damit mehr als ein Auto pro Haushalt waren es 2017. Und doch ist das Gefährt auf vier Rädern umstrittener denn je – Staus, Lärm, Umweltbelastung. Gerichtlich erzwungene Fahrverbote drohen bereits in großen Städten wie Frankfurt am Main und Stuttgart. An Alternativen und innovativen Projekten mangelt es vielerorts. Aber hier und da finden sich vielversprechende Fortschritte für den öffentlichen Nahverkehr, die bereits in der Testphase sind.
„Easy“ reisen ohne Ticket
Wer oft mit Bus und Bahn unterwegs ist, kennt das Problem zur Genüge. Kaum an der Haltstelle angekommen, geht die Suche nach dem richtigen Ticket los: Einzelfahrt oder Tageskarte, Mehrfahrtenscheine und Ermäßigungen für jegliche Altersgruppen. Der Überblick geht da schnell verloren. Eine Lösung für das Ticket-Chaos hält das Startup MotionTag bereit. Das 2015 gegründete Unternehmen will mit seinem smartphonebasierten Ticketingsystem das Reisen mit öffentlichen Verkehrsmitteln erheblich vereinfachen. Die App „Ticket Easy“ kann zehn Verkehrsmittel mitsamt der zurückgelegten Distanz und Reisedauer automatisch erkennen. Ein einfacher Check-in sowie automatisches Check-out und Bezahlen erleichtern die Fahrt zusätzlich. Überzeugt hat die Idee nicht nur beim Deutschen Mobilitätspreis, sondern auch die Schweizerischen Bundesbahnen und die Deutsche Bahn, mit denen 2016 und 2017 Pilotprojekte gestartet wurden.
LEDs helfen bei der Zugabfertigung
Kaum ist der Zug eingefahren, beginnt das Chaos auf dem Bahnsteig. Fahrgäste wollen aus- und einsteigen, bestenfalls gleichzeitig und durch ein und dieselbe Tür. Um den Einstieg zu erleichtern und Folgeverspätungen im oft dicht getakteten Bahnverkehr zu vermeiden, gibt es eine innovative Lösung: eine leuchtende Bahnsteigkante. Sie zeigt mit Lichtfaser-Symbolen die Halteposition des Zuges, die Türen und die Waggonauslastung bereits vor Ankunft an. Das Startup SIUT hat die leuchtende Bahnsteigkante im Gründer-Förderprogramm „DB mindbox“ der Deutschen Bahn entwickelt und kooperiert für das Projekt mit dem Londoner Startup OpenCapacity. Seit Februar 2018 wird das digitale Leitsystem auf dem Bahnhof Stuttgart-Bad Cannstatt getestet. Auf 210 Metern zeigen dort 2.010 LEDs mit 14.740 Leuchtpunkten den Passagieren die günstigste Warteposition und sollen so das zeit- und nervenraubende Gedränge Geschichte werden lassen.
Unterwegs im autonomen Elektrobus
Kaum hörbar, umweltfreundlich und ohne Fahrer rollt ein rot-weißer Elektrobus durch den niederbayerischen Kurort Bad Birnbach. Das Shuttle ist seit Oktober 2017 auf einer Strecke von 660 Metern unterwegs. Kostenlos mitfahren können auf der ersten autonomen Buslinie Deutschlands auf öffentlichen Straßen bis zu sechs Personen. An Bord ist immer auch ein Fahrtbegleiter, der im Notfall das Steuer übernimmt. Ein eingebauter Hublift ermöglicht zudem das Ein- und Aussteigen für Rollstuhlfahrer und Passagiere mit Kinderwagen. Das Projekt ist eine Kooperation zwischen der Deutschen Bahn, Regionalbus Ostbayern mit dem Landkreis Rottal-Inn und der Marktgemeinde Bad Birnbach. Mit an Bord sind auch der Tüv Süd und der französische Hersteller EasyMile. Ziel ist es, mehr Mobilität auch ohne Auto zu ermöglichen und zugleich den autonomen Linienverkehr Realität werden zu lassen.
Autorin: Muriel Pluschke